Einmal Amerika – hin und zurück

1. Woche

Es ist Sonntag, 11.Feb.2007. Der erste Tag von Woche eins meiner Amerikareise. Noch befinde ich mich in Wien, es ist mein letzter Tag in Österreich. Meine Mitbewohnerinnen bereiten mir ein letztes Frühstück in unserer WG, während ich meine restlichen Habseeligkeiten einpacke. Ich freue mich über den Besuch all der so lieb gewonnenen Menschen, die sich noch persönlich von mir verabschieden. Sogar meine Patenkinder sind gekommen; ich muss schon sagen, dass ich äußerst gerührt bin. Mein Bruder trifft ein und wir versuchen alles einzuladen, um schließlich festzustellen, dass ich wohl etwas zu optimistisch hinsichtlich des Fassungsvermögens des Fahrzeugs war. Also gut, der Rest bleibt noch ein wenig länger im schönen Wien. Jetzt wird es ernst, die Abfahrt steht unmittelbar bevor, und die eine oder andere Träne lässt sich nicht mehr unterdrücken.
Jetzt aber los, erst mal zurück nach Good Old Germany. Daheim angekommen, wird alles verräumt und die letzten Vorbereitungen für Mittwoch werden getroffen, dem Tag X, an dem ich vom Münchner Flughafen Richtung Amerika abhebe. Ich „trommle“ noch schnell meine Freunde zusammen und genieße die letzten Abende mit ihnen und dem guten bayerischem Bier.

Der Weg zum Flughafen klappt wie geplant. Nach unzähligen Sicherheitskontrollen und beten, dass mein Gepäck nicht doch zu schwer ist (der Bierkrug musste einfach noch mit!), sitze ich im Flieger und hebe ab. Der Punkt „off no return“ ist überschritten, meine Reise unwiderruflich angetreten.
In Philadelphia angekommen, gebe ich mein Gepäck erneut auf, und eile zu meinem Anschlussflug nach Cleveland, dem endgültigem Reiseziel. Am Gate angekommen, stelle ich zum Entsetzen fest, dass sämtliche Flüge aufgrund eines „Blizzards“ (dt. Schneesturm) gestrichen wurden. Auf Nachfrage wird mir versichert, dass heute mit Sicherheit kein Flug mehr nach Cleveland geht, und morgen auch nur bei deutlicher Wetterbesserung. Na super! Mein Gepäck ist bereits aufgegeben, und ich blicke der ersten Nacht in Amerika entgegen, die sehr nach Flughafenboden aussieht. Ich leihe mir ein Handy aus und schildere meiner Firma die Situation. 20 Minuten später werd‘ ich zurückgerufen. Man sagt mir, dass ein Hotelzimmer in der Stadt gebucht ist und ich mir keine Sorgen machen soll. Ich begebe mich also auf die „streets of Philadelpia“ und hab’ wenigstens eine Dusche und ein weiches Bett. Ausgeschlafen und munter fahr ich am nächsten Morgen wieder zum Flughafen und checke die weitere Vorgehensweise ab.

Der ursprünglichen Fluggesellschaft traue ich nicht mehr, zudem sind dort noch immer alle Flüge gestrichen. Also buche ich auf eine andere Airline um und kann meine Reise glücklicherweise fortsetzen. Zwar geht es erst noch nach Cincinnati, doch schließlich erreiche ich Cleveland mit über 24 Stunden Verspätung.
Am Flughafen werde ich bereits erwartet. Die Weiterfahrt endet jedoch erst einmal im Kaufhaus, da mein Gepäck nicht so viel Glück hatte wie ich. Frisch eingekleidet, geht somit der erste Tag in Cleveland zu Ende.
Neuer Tag neues Glück. 9 Uhr in der Früh treffe ich in der Firmenzentrale ein, dem Cooperate Office. Ich niste mich schnell in einem Büro ein und auf geht’s zur Salonbesichtigung. Wir sehen uns alle 4 Salons der Firma an. Sämtliche Mitarbeiter heißen mich herzlich willkommen. Die waren alle „gebrieft“ und wussten fast mehr über mich als ich selbst. Abends trifft doch noch mein Gepäck ein und somit geht die erste äußerst interessante und erlebnisreiche Woche mit auspacken zu Ende.

2. Woche

Das erste Wochenende habe ich schon mal sehr amerikanisch verbracht: mit Bier (wenn auch keinem richtigem) und Chips vor einem riesigem Dolby Surround Fernseher. Am Morgen geht es meist zuerst ins Büro und den Nachmittag verbring ich im Hauptsalon der Firma John Robert’s Spa. Das Unternehmen gibt es seit 14 Jahren. Es gehört bereits zu den 20 besten Amerikas! Mittwoch ist immer das Meeting der Unternehmensleitung/Geschäftsführung und des Artistic-Teams zu dem ich von Beginn an gehöre. Des Weiterem sehe ich mir deren Ausbildungssystem an und helfe hier und dort mit aus. Eine Kollegin bittet mich um Stylingtipps für eine ihrer Kundinnen mit ziemlich schwierigem, krausem Haar, worauf ich diese gleich selbst föhne und style. Das Ergebnis wird sehr gut geheißen. Ich bekomme mein erstes Trinkgeld, 20 US-Dollar – wow. Das ist selbst für amerikanische Verhältnisse viel, erhält man doch sonst immer bis zu 20%. Und ich meine auch Prozent! Ganz unabhängig von der Summe. Wenn also jemand 1000 US-Doller für eine Haarverlängerung zahlt, ist es ganz normal und selbstverständlich, dass noch 200 US-Dollar Trinkgeld dazugegeben werden. Davon können wir in Europa nur träumen.

Abends lädt mich meine Chefin auf einen Drink ein und wir besprechen unsere Zusammenarbeit. Ich habe mir in kürzester Zeit einen ziemlich hohen Stellenwert arbeitet; auch im Büro sind alle sehr offen und kooperativ. Es gibt keine Betriebsgeheimnisse vor mir, ganz egal, welche Daten oder Zahlen ich wissen will. Mir wird alles erklärt und oder gezeigt.
Privat kann ich mich auch nicht beschweren, bin ich doch schon fürs Wochenende ins Stadtzentrum/in die Innenstadt nach „downtown“ eingeladen worden. Dort angekommen, musste ich nach einem lustigen Abend feststellen, dass alle Kneipen schon um 2 Uhr schließen – und das in dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Shoppen kann man rund um die Uhr, aber richtig lang feiern ist nicht drin. Dennoch war der Abend sehr nett, nur halt „a bissl“ kurz. Lustig ist ja, dass Du hier für alles 21 Jahre alt sein musst, was natürlich viele, die ausgehen nicht sind. Aber mit „faked IDs“ (gefälschte Ausweise gehören hier wohl zur Grundausstattung) geht dann doch einiges. Interessant war für mich auch, dass in jedem Club ein echter Police officer rumläuft. Der passt dann auf, dass niemand betrunken in der Gegend rum liegt, was eine von unserer Gruppe jedoch tat. Ich hatte dennoch eine sehr informative Unterhaltung mit dem Polizisten. Erstes Mal in Cleveland downtown, erster Club, erster Polizeikontakt, yes, alles wie immer, alles im Soll. Hätte sie niemand heimgebracht – es ist hier Pflicht, dass sie in Begleitung heimgebracht werden muss – dann hätte man sie ins Gefängnis gesperrt, bis Montag früh. Das wäre jedoch nicht so gut gewesen, denn sie hatte auch nur eine faked ID. So gesehen, war es ein lustiges Wochenende und eine informative Woche.

3. Woche

Wieder im Büro, werde ich gefragt, wo ich Verbesserungen oder Einsparpotenzial sehe. Als Erstes viel mir da das Stylisteneinstufungssystem mit dem dazugehörigen Lohnsystem auf, das die Einnahmen nicht wirklich fördert. Hier hat jeder Stylist verschiedene Preise sowie Umsatzbeteiligungen und wird nach unzähligen Kriterien eingestuft. Im Büro nehme ich somit gerade das System unter die Lupe, genauer gesagt wohl eher auseinander. Es hat einen durchaus interessanten Ansatz, scheint mir in der Form aber nicht effektiv genug, geschweige denn, ausreichend motivierend zu sein. Also hab ich mir flink die Lohndaten der 150 Mitarbeiter geholt und schreibe an einem neuen Lohnsystem. Unvorstellbar, was meine Kollegen mich alles wissen lassen, sie geben mir wirklich alle Infos, die ich will; das würde wohl kaum eine Firma in Europa machen. Gezahlt wird immer alle 2 Wochen – ganz egal, ob Monats- oder Jahresgrenzen dazwischen liegen. Find ich jedoch nicht schlecht.
Ansonsten gibt es noch allerhand andere Bereiche im Office, die sehr interessant sind. Termine werden ausschließlich im Callcenter des Büros vergeben. Man kann gar nicht mehr direkt im Salon anrufen! Alles läuft über ein Online-Programm, das sehr praktisch zu sein scheint. Ich finde die Idee sehr gelungen, so klingelt im Laden nicht ständig das Telefon, und die Kunden können viel schneller und besser betreut werden. Im Salon läuft der Check-in separat; so kann sich die Rezeption auf die Kasse und das Auschecken konzentrieren. Da bleibt viel mehr Zeit für neue Terminvergaben, und fast alle Kunden erhalten sofort einen neuen Termin.

Unsere Platin-Kunden müssen gar nicht mal mehr auschecken, das wird alles von uns übernommen; das Servicepersonal kümmert sich auch um den Verkauf von Produkten oder vergibt neue Termine, und zwar bereits während der bzw. zwischen den Behandlungen.
Es gibt wirklich sehr viele Bereiche und Ideen, die ich hier mitnehmen und lernen kann.
Des Weiteren unterrichte ich bereits 2 Mal pro Woche, sowohl die Lehrlinge, als auch die Topstylisten. Macht mir echt Spaß. Ich hab einen neuen Zugang zum Unterrichten gefunden, die rein technische Schiene verlassen und schule nur noch mit echtem Praxisbezug. Endlich hab ich das Gefühl, nun alles unterrichten zu können, was ich möchte, meinen eigenen Weg gefunden zu haben.

4. Woche

Ich begleite meinen Chef John R. DiJulius III zu einer seiner Reden. Er ist nicht nur der Leiter von John Robert’s Spa, sondern auch der Direktor der John DiJulius Group. Er selbst, bzw. sein Buch „Secret Service – hidden systems that deliver unforgettable customer service“, war ja schließlich ausschlaggebend dafür, dass ich mich bei seiner Firma beworben habe.

Inzwischen ist er einer der renommiertesten Redner in Amerika und hat nur noch zu zwei Prozent mit der Friseurbranche zu tun. Heute sind wir bei einem Banken-Konsortium zu Gast. Es ist das erste Mal, dass ich ihn live höre, und ich kann nur sagen, dass er mich beeindruckt hat.
Es ist auf jeden Fall etwas, das ich auch in Europa machen werde. Mit noch ein paar Jahren Erfahrung sehe ich kein Problem darin, das Thema selbst zu präsentieren. Der Mangel an Kundenzufriedenheit und Service ist ja bekanntlich ein schwarzes Schaf in Europa.
Ansonsten halte ich wie gewohnt zwei Mal pro Woche meine Schulungen und habe das komplett neu überarbeitete Lohnsystem fertiggestellt. Bin Mal gespannt, wie’s ankommt.
Beim Social Security Office hab ich noch vorbeigeschaut, um meine Social Security Number zu beantragen, die ich für sämtliche Behördengänge, Lohnzahlungen, Steuerabrechnung brauche, sowie um ein eigenes Konto zu eröffnen.
Essenstechnisch merke ich langsam, dass hier wirklich mehr und fetter gegessen wird. Ich hoffe nur, dass ich nicht selbst „aus den Fugen“ gerate. Ich versuche, den Gürtel nicht weiter zu schnallen, und mich eher den gesünderen Genüssen hinzugeben. Mal sehen, wie gut mir das bei dem riesigem Angebot und den einladenden kulinarischen Verführungen gelingt.

5. Woche

Das jährlich größte Firmenfest findet statt: Die gesamte Belegschaft ist in ein Top-Hotel zum Schlemmen und Feiern eingeladen. Man schmeißt sich in die beste Robe und besticht durch eine möglichst individuelle Maske. Ich selbst habe mich für das Phantom der Oper entschieden, nicht unbedingt die originellste Variante, aber durchaus akzeptabel.
Der Abend wird von zahlreichen Awards, Preisverleihungen, begleitet, die verdienten Mitarbeitern zukommen. Über beste Kleidung, freundlichstes Auftreten, erfolgreichste Stylisten und Vielem mehr bis hin zu dem „Above and Beyond Award“. Dieser Preis bzw. diese Auszeichnung gebührt den Personen, die am Weitesten über ihr Aufgabengebiet hinaus für den Kunden oder einen Mitmenschen da waren. Eine äußerst motivierende Idee, die zum Nachahmen einlädt. Ein Jahr lang wird jede Woche aus jedem Salon mindestens eine Tat bzw. eine Person für den „Above and Beyond Award“ vorgeschlagen. Das ist nicht nur die Regel, sondern sogar Pflicht. Mir hat diese Idee so gut gefallen, dass ich selbst eine (Personen-)Empfehlung verfasst hatte.

Immerhin hat man mich bei meiner Anreise auch außerordentlich unterstützt. Schließlich durfte ich sogar die Laudatio des Haupt-Awards halten, denn die Person meiner Nominierung hatte gewonnen. Bei dieser Gelegenheit bedankte ich mich zudem für die herzliche Aufnahme ins Unternehmen.
Meine üblichen Meetings und Seminare gestalten den Rest der Woche sehr kurzweilig.
Am Samstag findet dann noch ein weiteres, amerikanisches Highlight statt. Der St. Patricks Day! Wenn auch kein arbeitsfreier Tag – davon gibt es in Amerika ohnehin nur verschwindend wenige – so habe ich selten einen so gefeierten Tag erlebt. Für all die Glücklichen, die nicht arbeiten müssen – da war ich auch mal so frei -, beginnt das Fest der Feste bereits am Vormittag. Egal, wo man hingeht, alles ist grün, bunt und verrückt. Es wird getrunken, was da ist oder sowieso weg muss. Ich hab mich auf jeden Fall 10 Stunden in das Getümmel gestürzt. Nach zahlreichen grünen Getränken, eine genaue Anzahl kann ich bei bestem Willen nicht mehr benennen, ließ ich die Woche gemütlich zu Hause ausklingen.
Unglaublich, aber ¼ meiner Zeit in Amerika ist schon vorüber. Da heißt es Gas geben, um noch alles zu schaffen, was ich mir vorgenommen hab. Doch noch lieg ich ziemlich gut im Soll.

6. Woche

Heute nehme ich an einer speziellen Einführungsschulung teil. Neuen Mitarbeitern wird alles über das System zu John Robert’s Spa erklärt. So erhalte ich eine Menge Informationen auf einmal, ohne die Akten studieren zu müssen. Wieder einmal waren sehr interessante Abläufe und Ideen dabei, die gleich auf meine „success-list“ (Erfolgsliste) für meine Zukunft in Europa gekommen sind. Der Führungsstil is super, so menschlich, wie möglich und so betriebswirtschaftlich, wie nötig. Meine Zeit hier in Cleveland hat sich schon jetzt bezahlt gemacht und ich hab noch lange nicht alles gesehen vom Betrieb. War allerdings auch nicht wirklich anders zu erwarten, nicht umsonst ist die Firma in weniger als 14 Jahren zu einem der weltweit erfolgreichsten Unternehmen geworden. Mein für die Firma konzipiertes Lohnsystem hab ich nun auch vorgestellt, es wird gut geheißen, und den ersten Live-Vergleichen ausgesetzt. Jetzt soll ich die aktuellen Lohndaten getrennt nach den Salons ins System einfügen. Dann sehen wir weiter, ob es den Praxistests standhält.

Meine Planungen für Miami/Florida und New York sind fast abgeschlossen, und ich sehe den ganzen Interviews und Aktivitäten sehr positiv entgegen.
Im Salon helfe ich bei den letzten Vorbereitungen für unser kommendes Photo-Shooting, in das ich eine eigene Kreation einbringen durfte.
Die Freizeit verbringe ich vermehrt mit Arbeitskollegen. Nachdem ich mich nun endlich um eine amerikanische Sim-Karte für mein Mobile Phone gekümmert hab, ist dies auch viel einfacher. Ein Arbeitskollege spielt für mich Chauffeur, da ich aus Kostengründen noch kein eigenes Auto habe und wohl auch nicht haben werde. In einem der Clubs werd ich von einer jungen Frau mit den Worten „you did an awesome job“ angesprochen und schon hab ich ein Freigetränk in der Hand. Sie ist die Freundin eines Modells meiner Profi-Herren-Haarschnitt-Seminare. Er hat mich erkannt und sie machte mir unverzüglich ein Kompliment. Sie sagte, dass er noch nie einen so typgerechten, „marvelous cut“ gehabt habe. Ich fühle mich geschmeichelt und gebe ihre Nummer in mein Mobile ein; so soll ich doch auf jeden Fall anrufen, wenn ich das nächste Mal ein Modell brauche. Es war mein zweiter Downtown-Ausflug, ein relaxter angenehmer Abend, der nicht zu lange dauerte. Im Grunde sehr gut, so hat der nächste Tag auch noch eine Chance.

7. Woche

Der heutige Sonntag verspricht ein weiteres Highlight: Mein Chef hat gefragt, ob ich an Basketball interessiert sei, was ich selbstverständlich bejahte. Daraufhin schenkte er mir 2 Karten für das heutige Spiel der Cleveland Cavaliers gegen die Denver Nuggets. Bis dato hatte ich Basketball bestenfalls im TV gesehen und jetzt erlebe ich es live, mein erstes NBA Spiel. Als dann Warren Buffet (der reichste Mann der Welt!) an mir vorbei läuft – er lässt sich das Spiel wohl auch nicht entgehen. Gut, ich reiß mich zusammen und lass ihn in Ruhe das Match genießen. Die Show vorab ist der Hammer, die Cheerleader heiß und die Stimmung in der nahezu ausverkauften Halle einzigartig. Obwohl ich nicht der größte Basketball-Fan bin, muss ich zugeben: Die Atmosphäre ist mitreißend! Auch wenn die Cavs heute verloren haben, es war ein wunderbarer Abend. Mein erstes NBA-Spiel soll nicht das letzte gewesen sein.

In der Firma beginnt unser zweitägiges Photo-Shooting mit einem Top-Fotografen. Unsere Themen sind mainstream und chic, die Ergebnisse professionell und äußerst sehenswert. Ebenso ist die Triebfeder der Leistungen schnell ausgemacht. Muss sich in Europa die Masse erst monate- oder jahrelang beweisen, bevor sie zum Profi-Shooting geladen wird, können sich hier sämtliche Teammitglieder, die über genügend Passion und Konzept verfügen, zumindest mit einer Kreation einbringen. Nicht selten stechen gerade diese Schöpfungen ins Auge.

Abends wohne ich dem Seminar „Living your dreams“, gehalten von John DiJulius, bei. Wie der Titel bereits vermuten lässt, geht es um die Gestaltung der eigenen Zukunft. Ganz nach dem Motto: Gedanken (Träume) als Vorwegnahme der Realität. Der Weg ist das Ziel; aber erst das Ziel bestimmt den Weg. Ich persönlich – als bekennender Anhänger der selbst erfüllenden Prophezeiungen – bin schlichtweg begeistert. Man schreibt sein eigenes Lebens-Storybord, warum auch nicht. Jeder sollte der Autor seines eigenen Lebens sein. Ein wahrhaft tiefschürfendes „Ich“-Seminar. Ich freue mich schon auf die nächsten 3 Montagabende.
Die Wochen rennen wie im Fluge vorbei, ⅓ der Zeit in Amerika ist schon vergangen.
Der nächste Tag ist traumhaft, wir haben um die 25 Grad und mein erstes amerikanisches Barbecue ist einfach himmlisch. Ach, wie hab ich die Sonne und das Grillen vermisst. Nur gut, dass als nächstes Miami auf dem Plan steht.

Keine 24 Stunden später setze ich zur Landung auf Florida an. Mein Hotel liegt direkt am Miami South Beach: vom Zimmer aus hab ich freien Blick auf den Ozean. Bei 30 Grad heißt es nun raus aus den langen Sachen und ab an den Strand. Ach Gott, ist das herrlich! Ich erkunde die Insel, lass den ersten Tag genüsslich mit einem, na gut es waren zwei, Caipirinha ausklingen.
Der nächste Morgen beginnt sehr früh. Noch vor Sonnenaufgang breche ich, „bewaffnet“ mit Badetuch und Sonnenspray, zum südlichsten Punkt Kontinental Amerikas auf. Knapp 250 km, 43 Brücken (die längste misst über 11 km) sowie 34 Inseln später bin ich am Ziel: Der Ort, wo der Atlantische Ozean und der Golf von Mexiko aufeinander treffen, am Key West. Keine 150 km von der Küste Cubas entfernt, liegt Havanna zum Greifen nahe. Mit einem Jet-Ski jage ich hinaus zu den Inseln, wobei ich jedoch einmal unfreiwillig absteigen durfte. Die Stadt ist trotz Tourismus idyllisch, bietet neben Parks und Häfen, Shopping-Meilen, Bars und vielem mehr alles, was das Herz begehrt. Ein weiterer wunderschöner Tag, der mir in Erinnerung bleiben wird.
Abends, wieder in Miami angekommen, treffe ich mich mit Arbeitskolleginnen. Wir machen das Nachtleben unsicher.
Eine weitere Woche neigt sich dem Ende zu, ein letztes Mal schlendere ich über die Miami Beach, ja, so soll sich Urlaub anfühlen

8. Woche

Der eigentliche Grund meiner Miami Reise läutet die 8. Woche ein. Es ist Sonntag, 1. April, und – zum Glück kein Scherz – ich bin als VIP Gast zu der internationalen Beauty & Barber Show geladen.
Im Miami Beach Convention Center angekommen, arbeite ich mich durch die Halle. Diese ist mit 4½ tsd. m2 – das entspricht gerade noch der Größe eines Fußballfeldes – recht überschaubar. Rund 140 Aussteller haben sich eingefunden und zeigen teils innovative Ideen. Ein Hersteller hat es mir besonders angetan. Denn er hat eine Lösung für das leidige Fönkabelsystem gefunden. Der Fön schwebt über den Stylisten an einer Art Seilzug, dessen Höhe verstellt werden kann und der den Fön gleichzeitig mit Strom versorgt. Tatsächlich scheint es ein gut durchdachtes, funktionierendes Gerät zu sein. Ich lasse mir auf jeden Fall alle Daten geben, auch wenn das Modell in Europa noch nicht lieferbar ist.

Mal sehen, vielleicht bin ich ja einer der ersten, der es verwendet. Mittags interviewe ich Joseph LaManna, den Begründer und Veranstalter der Show. Nach einem informativen, kurzweiligen Gespräch schenkt er mir beiläufig Freikarten für einen der imposantesten Clubs in Miami Beach. Im Club Mansion verbringe ich dann auch nach einem sonnigen Strandnachmittag meinen letzten Abend in Miami.
Wieder in Cleveland angekommen, stelle ich fest, dass mein Gepäck nicht so glücklich war wie ich und abermals in den unendlichen Tiefen der Flughafen-Förderbänder verschollen ist. Bin gespannt, wie lang der Koffer diesmal unterwegs sein wird.

Ich muss auf jeden Fall weiter, der 2. Teil des Living your dreams Seminars beginnt schon in wenigen Stunden. Im Seminar spezifizieren wir unser Lebens-Storybord und erarbeiten ausführlich Ziele für die nächsten 90 Tage, das kommende Jahr sowie die 5 bevorstehenden Jahren. Gar nicht so einfach, alle Zeitabschnitte mit Terminen und Details zu füllen. Bilder zu jedem Punkt individualisieren zusätzlich und lassen uns viel über uns selbst und unsere Vorstellungen wahrnehmen. Das Seminar knüpft erwartungsgemäß an die vergangene Woche an. Ich bin begierig auf die letzten beiden Seminartage.
Am nächsten Morgen, wer hätte es gedacht, steht tatsächlich mein Koffer vor der Tür. Gar nicht schlecht, sie werden zumindest schneller.
Mittwochs bin ich als Gast zur DiJulius Familie eingeladen. Nach einem ausgezeichneten Dinner in einem asiatischem Steak House – hier wird das Essen samt Show direkt am Tisch zubereitet – beziehe ich mein heutiges „Gemach“ im Hause meiner Chefs, einem sehr eindrucksvollem Anwesen. Der Fernseher hat über 1 m2 Bildschirmfläche, auch sonst ist alles recht amerikanisch, im XXL Format. Nach ein paar Partien Billard sowie Dart gegen John DiJulius (nein, ich hab ihn nicht gewinnen lassen), hab ich seiner Frau und seinem ältestem Sohn beigebracht, wie eine Flasche Bier richtig geöffnet wird. Mit alleiniger Zuhilfenahme einer weiteren Flasche Bier, das versteht sich natürlich von selbst. Sie waren begeistert und fanden es cool und haben es gleich fleißig ausprobiert. Nur trinken wollten sie nicht alle. Nun gut, da hab ich mich eben opfern müssen.
Zum Wochenende meldet sich der Winter unerwartet heftig zurück. Die Temperatur fällt innerhalb weniger Tage um über 25°C und 20 cm Neuschnee samt Schneesturm bilden den Wochenausklang.

9. Woche

Ostersonntag, es schneit noch immer. Unglaublich aber war, ½ Meter Schnee bedeckt die gerade erst aufgeblühten Schneeglocken.
Im Corperate Office geht es in die Zielgerade des Living your dreams Seminars. Wir beschreiben äußerst detailliert, wie wir in 5 Jahren einen Preis/eine Auszeichnung verliehen bekommen und natürlich auch welchen. Ebenso wird der Weg dorthin erarbeitet und niedergeschrieben. Bin sehr gespannt, inwieweit sich die Realität mit der erdachten Mutmaßung decken wird.
Im Salon werden meine Seminare verdoppelt. Ich gebe diese Woche vier Schulungen mit dem Schwerpunkt Hochstecken. Hierzu kommt mir die neue CLIPS-Ausgabe zu Gute, die ich just vorm ersten Seminar erhielt. Im Telegramm der aktuellen April-Ausgabe finde ich dieselben Stecktechniken, die ich fürs Seminar verwende. Coole Sache.
Stacy DiJulius hat mir zudem meine offizielle Hairdesigner-Einstufung gegeben. Mit 75 Dollar für einen Haarschnitt (Damen) befinde ich mich dadurch, hinter ihr, auf dem höchsten Preisniveau aller (60) Top/Stylisten.

Nach knapp 2 Monaten konnte ich mich somit in der Spitzengruppe behaupten, ein schönes Gefühl. Ich freue mich, dass mir die Firma dieses Vertrauen ausspricht. Hier spiegelt sich der typisch amerikanische „way of life“ wieder. Jeder darf zeigen und machen, was er kann, dann wird beurteilt. Ganz im Gegensatz zu Deutschland. Dort geht ohne schriftliche Befugnis bzw. Zertifikat erst mal gar nichts. Ich möchte nicht wissen, wie viele Talente in Europa verkannt werden bzw. gar keine Chance erhalten, sich zu beweisen, nur wegen eines fehlenden Diploms.
Des Weiteren haben wir für einen Tag einen neuen „Lehrling“ bekommen. Ein Reporter der Tageszeitung „The Plain Dealer“ verstärkt heute unser Team, um in seiner Kolumne „on the Job training“ über den Friseurberuf zu berichten. Um diesen Herren kümmere ich mich natürlich persönlich, um meinem Kollegen von der schreibenden Zunft die Vielfalt und Ansprüche unseres Berufs vor Augen zu führen. Er ist leicht überrascht angesichts der Fülle an Möglichkeiten und Anforderungen bei professioneller Ausführung; doch er schreibt brav mit, mal sehen, wie der Artikel wird.

10. Woche

Das so genannte Bootcamp der Firma steht an. Hier werden neue Mitarbeiter in einem 2-wöchigen Intensiv-Training auf den Salonalltag vorbereitet. Ich nehme diese Woche selbst daran Teil, finde ich es doch eine interessante Sache.
Zudem bin ich gerade mit den letzten Vorbereitungen zu meinem New York Trip beschäftigt. Sämtliche Seminare, Meetings und Interviews werden nochmals „gecheckt“.
Am Mittwochabend werde ich spontan von Larry Gould, einer lebenden Legende, zum letzten Saisonspiel der Cleveland Cavaliers eingeladen. Er ist der auffälligste Charakter aus dem Buch „Secret Service“, der ausschlaggebenden Lektüre meiner Amerikareise. Im Alter von 81 Jahren arbeitet er noch immer für die „New York Life Insurance“. Ich bin sehr froh, ihn persönlich kennen zu lernen. Es ist mein zweites NBA Spiel überhaupt, wieder herrscht eine einmalige, unbeschreibliche Stimmung. Jeder, der die Gelegenheit hat, einem NBA Spiel beizuwohnen, sollte sich so ein Event nicht entgehen lassen. Die Cavs gewinnen, es war ihr 50. Sieg – was für ein Saisonabschluss!
Die erste Hälfte meiner Amerika-Reise ist hiermit schon Geschichte. Oder, um es in der Basketball-Sprache zu betiteln: Das dritte Viertel hat begonnen.

Der nächste Morgen beginnt ebenso unvergesslich. Als erster im Büro anzukommen, hat nicht unbedingt ein Vorteil zu sein. Einmal eingetreten, muss der Code für das Sicherheitssystem eingeben werden. Hmmm, da ist es natürlich von Vorteil, wenn die Zahlenfolge bekannt ist. Nach einem plötzlich startenden, ohrenbetäubenden Sirenengeheul ist mir das ebenfalls klar. Faszinierend, wie schnell die Polizei vor Ort war. Nun gut, es war eh Zeit geworden, will ich doch in meiner „Kontakt-Statistik“ nicht zurückfallen.
Samstag mache ich mich in aller Frühe auf den Weg zum Flughafen. Ja, es ist endlich soweit, es geht nach New York City! Dort angekommen, verliere ich keine Sekunde, und mache mich sofort Richtung Downtown auf. Nach erster Inaugenscheinnahme der faszinierenden Skyline besuche ich die Salons von Sally Hershberger und Frèdèric Fekkai.
Den Abend lasse ich mit einem Buch im Central Park ausklingen. Was für ein Start in eine ereignisreiche Woche in New York!

11. Woche

Mein Wecker klingelt mich früh raus. Ich kann es noch nicht glauben, doch es ist wahr, ich bin in New York. Die Dimensionen sind schier unglaublich. Allein der Central Park, in dem ich gestern relaxt habe, erstreckt sich über 3,3 km2 und bietet mehr als 1 km2 Rasenfläche. Er macht 6% der Gesamtfläche von Manhattan aus und ist mit 25 Millionen Besuchern im Jahr der meistbesuchte Stadtpark der USA.

Jetzt aber los, ich werde im Wella Weltstudio NYC erwartet. Als Gast, eingeladen ins „The Studio“, wie auch zu dem gerade stattfindenden Vidal Sassoon Seminar, fühle ich mich geehrt und nehme jede Information dankend auf. Mit 650 m2 ist das Wella Studio zwar nicht das größte US-amerikanische Haarstudio, es bietet jedoch außerordentliche Flexibilität. In wenigen Minuten können 1 bis 6 Räume entstehen. Raum ist in New York längst Mangelware, erst recht in einer so bemerkenswerten Lage wie hier im Rockefeller Center.

Mittags habe ich ein Interview mit Christina Falcone (der Studiomanagerin), nachmittags eine sehr interessante Unterhaltung mit John Guest (dem Senior Creative Director von Vidal Sassoon) und abends mache ich die 8 Millionen Metropole mit Karina Meyer (sie leitet den Weiterbildungssektor), unsicher. Über den Dächern von New York ein oder zwei Cocktails schlürfen und dabei den Sonnenuntergang genießen – kann es etwas Schöneres geben?

Die weitere Woche ist nur so gespickt mit Höhepunkten. Ich schreite persönlich durch die City Hall, gehe die Wall Street hinauf, schlendere über die Brooklyn Bridge und besichtige Ground Zero.
Abends mache ich mich auf den Weg zum JFK Flughafen, um meinen Vater abzuholen. Er besucht mich für 10 Tage. Gemeinsam geht es weiter, von einer Sehenswürdigkeit zur nächsten. Wir flanieren über den Times Square, durch Chinatown und Little Italy. In der St. Patrick’s Cathedral lauschen wir dem Chor und von der Freiheitsstatue blicken wir auf New Jersey und New York herab.

Den besten Überblick über Manhattan verschaffen wir uns auf dem Empire State Building. Der Lift fährt in weniger als 1 Minute von der Lobby bis auf das 320 m hoch gelegene Observations-Deck im 86. Stock. Von hier aus gelangt man in die mit 373 m höchst gelegene Aussichtsebene im 102.Stock. Das Empire State Building ist mit seinen 103 Stockwerken und 443 m (wieder) das höchste Bauwerk der Stadt. Es ist mit jährlich 3,5 Millionen Besuchern das meistfrequentierte Gebäude der vereinigten Staaten.
Des Weiteren sind wir ins German House geladen, dem Sitz meiner Stipendiatengesellschaft CDS. Auf faktisch „deutschem Hoheitsgebiet“ bekommen wir zu Mittag von einem österreichischen Koch ein Wiener Schnitzel zubereitet, mit Kartoffelsalat und echtem Bier, wer hätte das gedacht?
Zurück auf amerikanischem Boden, gehe ich wieder meiner „Berufung“ nach und besuche weitere Haartempel. Neben den 8-stöckigen Bumble and Bumble Komplex und dem Firmensitz von Redken in der 5th Avenue sehe ich mir zahlreiche Salons an. Meinen Kontakt zu den besten Stylisten vertiefe ich zudem durch persönliche Interviews. Neben Nick Arrojo, dem wohl besten Topakteur von Wella, treffe ich Daniel Marrone, Topstylist auf New York Fashion Shows und Manager des einzig wahren Paul Mitchell Salons in New York. Beide haben interessante Ausbildungssysteme, obwohl diese kaum eins zu eins in Europa umzusetzen sind.

Die Fülle an Eindrücken ist unglaublich. Nicht nur deshalb fühle ich mich sehr wohl in der Stadt. Im Vergleich zu London empfinde ich das hektische Treiben sogar als beruhigend. Ich könnte mir durchaus vorstellen, hier zu arbeiten. Doch für immer hier leben möchte ich dann auch wieder nicht.
Abends treffe ich mich wieder mit meinem Vater. In einem exquisiten Lokal lassen wir den Tag hinter uns, bevor die Nacht Einzug hält. Die Abende gestalten sich, wie die restliche Zeit, äußerst kurzweilig, wobei diverse Shows wie die Blue Man Group oder Stomp ihren Teil dazu beitragen.
Ein absolutes Nacht-Highlight ist der Red Rock West Saloon. Wer den Film „Coyote Ugly“ gesehen hat, weiß in etwa, was auf die Besucher zukommt. Wenn ich Euch sage, dass dort der Tresen brennt, dann ist das buchstäblich zu nehmen! Feuerspuckende, knapp bekleidete Bardamen bedienen hier auf ihre Art. Vielleicht nicht der beste Ort für Sakko und Krawatte, aber ein definitives Muss für jeden Nachtfalken.
Der letzte Tag der Woche geht mit einem weiteren Höhepunkt zu Ende: Wir lassen New York hinter uns, um, wieder in Cleveland gelandet, zur Serverance Hall zu eilen. Dort wohne ich meinem ersten und zugleich einem der weltweit besten Orchester bei, dem Cleveland Orchester. Anschließend werde ich Backstage geladen und habe die Ehre, den Leiter des Orchesters einmal mehr persönlich zu treffen. Wir hatten uns zuletzt in Wien gesehen. Damals durfte ich mich seiner Haarpracht annehmen.

12. Woche

Wir täuschen keine Müdigkeit vor, auch die letzten Tage wollen genützt sein, bevor mein Vater wieder nach Good Old Germany abreist. Wir leihen uns ein Auto aus und ab geht’s Richtung Kanada. Immer am Ufer des Eriesees entlang, der mit vier weiteren Seen die größte zusammenhängende Süßwasserfläche der Welt darstellt.
In „atemberaubendem Tempo“ von erlaubten 105 km/h (Autofahren in Amerika kann ja sooo langweilig sein) tuckern wir über den Highway – rund 300 km sind es bis zu den Niagara Fällen.
Wir überqueren die Grenze nach Kanada. Die kanadische Seite bietet den faszinierendsten Anblick auf die Horseshoe Falls. Hier stürzen über 2.270 m3 Wasser pro Sekunde in die Tiefe. Oder, um es in der Sprache der Biertrinker auszudrücken:

Über 22.700 Hektoliter fließen jede Sekunde die „Kehle“ der, auch als Canadian Falls bezeichneten, Fälle hinunter. Dafür braucht es selbst auf dem Oktoberfest eine knappe Woche! Na dann Prost.
Zurück in Cleveland, gibt es die Rock’n Roll Hall of Fame anzusehen sowie das ein oder andere Steakhaus zu testen, um unsere Gaumen nicht zu kurz kommen zu lassen.
Bei unserer Stippvisite im Büro werde ich mit den Worten „you made the news“ empfangen. Der Reporter von „The Plain Dealer“, der vor 3 Wochen bei uns zu Gast war, hat seinen Artikel herausgebracht. Der Bericht in der Rubrik „Arts&Life“ umfasst neben ¼ Titelseite auch eine halbe Seite auf Seite 2. Auch ein Bild mit mir ist dabei. Somit bin ich zumindest in Ohio nicht mehr völlig unbekannt, stellt doch das Blatt mit einer täglichen Auflage von über 775.000 Lesern die größte Tageszeitung des Bundesstaates dar. Mein Vater bekommt sogleich ein Exemplar als Andenken ausgehändigt. Es ist eine sehr gelungene Berichterstattung über den Friseurberuf geworden.

Am nächsten Abend besuchen wir ein Spiel der Cleveland Indians. Spätestens seit dem Film „Die Indianer von Cleveland“ ist diese Mannschaft legendär, was dennoch nicht zu meinem vollkommenen Verständnis des Spieles beiträgt. Egal.
Als nächstes steht die Abreise an, noch nicht für mich, doch für meinen Vater heißt es bye-bye Amerika. Für mich geht es weiter zum ¼-jährlichen Firmen Meeting. Ich kann abermals viele Ideen sammeln, die auf meine, nun schon sehr gut gefüllte, „success-list“ kommen.
Damit es mir ansonsten nicht allzu langweilig wird, ziehe ich noch einmal um. Somit geht eine weitere, im wahrsten Sinne des Wortes, vollgepackte Woche zu Ende.

13. Woche

Mein neues Domizil ist bezogen, alles wieder soweit erledigt. Puh, langsam bin ich ein wenig geschafft. Die nächsten Tage werd ich wohl etwas relaxter angehen.
Im Salon unterrichte ich diese Woche nur einen Tag, dafür nimmt mich die Organisation der näheren Zukunftspläne sehr in Anspruch. Ich möchte noch die Westküste der USA sehen, bevor ich meinen eigenen Salon eröffne/übernehme. Die Übernahme steht in weniger als 2 Monaten an. Die entsprechenden Vorbereitungen laufen bereits auf Hochtouren. Dafür ist es auch nicht zu früh, liegen doch gegenwärtig bereits ⅔ meiner Amerikareise hinter mir.
Wochen-Schwerpunkt ist der herannahende Muttertag. Hierzu pflegt die Firma, in Zusammenarbeit mit dem Kinderkrankenhaus „Rainbow“, einen uneigennützigen Brauch. Die Klinik bietet den Müttern die Gelegenheit, im Gebäude selbst ein Zimmer zu beziehen, um so viel und nahe wie möglich bei ihren Kindern zu sein. Für manche Mütter wird das Krankenhaus für viele Wochen zum Lebensmittelpunkt.
Jedes Jahr werden unserer Firma vier Mütter besonders kranker Kinder genannt. Diese werden in unsere Hauptfiliale eingeladen, um sie wenigstens für ein paar Stunden ihre Sorgen vergessen zu lassen.
Mit eigenem Shuttleservice holen wir die Damen aus der Klinik ab und fahren sie zu unserem Salon. Dort können sie sich einen Tag lang von Kopf bis Fuß verwöhnen lassen. Egal wie lange, und ganz gleich welche und wie viele Dienstleistungen in Anspruch genommen werden, an diesem Tag geht es einzig und allein um die Mütter. Von der Massage bis zur Pediküre, heute werden die Damen auf alles eingeladen, bevor wir sie wieder zu ihren Kindern zurück chauffieren.
Eine weitere sehr nachahmungswürdige Idee, die die Welt ein klein wenig besser macht.

14. Woche

Diese Woche hält für mich eine weitere, sehr emotionale, Erfahrung bereit. Waren es letzte Woche noch die Mütter, die umsorgt wurden, geht es jetzt um die Kinder.
An mehreren Tagen im Jahr geht eine kleine Gruppe von unserem Team ins Rainbows Children Hospital und bietet vor Ort diverse Leistungen an. Nicht nur, dass selbstverständlich sämtliche Leistungen kostenfrei angeboten werden. Jedes Teammitglied stellt zudem seine Freizeit zur Verfügung. Viel Soziales basiert hier auf freiwilliger Basis. Nicht nur die Firma, sondern auch jeder einzelne leistet dazu seinen Beitrag. Ich lasse es mir nicht nehmen, und unterstütze das Team heute.
Im Vordergrund steht weniger die Dienstleistung an sich. Es geht vielmehr darum, die Kinder sowie deren Mütter aus ihrem Alltagstrott zu holen. Werden die Kinder doch sonst tagein, tagaus nur wegen medizinischer Gründe angefasst, so erfahren sie zur Abwechslung eine angenehme Berührung bzw. Behandlung. Von einer Hand und Armmassage begonnen, bis hin zu einer Maniküre oder natürlich auch einem Haarschnitt. Alles, was ein wenig Ablenkung in den sonst recht stupiden Tagesablauf bringt, wird gerne angenommen.
Je nachdem, was den einzelnen Patienten fehlt, treffen wir diese im Aufenthaltsraum oder auf ihren Zimmern. Zum Teil haben wir dabei besondere Schutzmaßnahmen zu befolgen oder werden unterbrochen – sowohl von Ärzten, die Behandlungen machen, als auch von Schwestern, die Medikamente verabreichen. Eine wirklich sehr persönliche, ergreifende Erfahrung, die manche Dinge völlig neu gewichtet.
Einigen Kindern geht es einfach nur darum, ein wenig Zeit zu haben, zuzuhören, oder gemeinsam ein Spiel spielen. Wir führen möglichst alles aus, was den Kindern ein Lächeln ins Gesicht zaubert. Infolgedessen biete ich mich auch gerne selbst als Modell an, und bekomme von einer charmanten jungen Dame meine Nägel lackiert. Ein Heidenspaß für das Mädchen und das ist heute schließlich die Hauptsache.
Der Tag ist definitiv ein Gewinn für beide Seiten, eine willkommene Abwechslung für die Kinder und eine außergewöhnliche wie auch konstruktive Erfahrung für jedes Teammitglied.

15. Woche

Die Zielgerade meiner Reise durch die Staaten ist angebrochen, das letzte Viertel hat begonnen.
Diese Woche steht im Zeichen der „Kooperation“. Kämpft in Europa noch fast jeder für sich allein an der Front, erfreut sich hier in Amerika die branchenübergreifende Zusammenarbeit immer größer werdender Beliebtheit. Warum auch nicht, eine Kundenwerbung, die einfacher, zielgerichteter und direkter ist, bekommt man kaum.
In Deutschland noch unterschätzt sowie kaum angewandt, nützen wir den Synergieeffekt im doppelten Sinne. Erstens sprechen wir nur potentielle Kunden an und minimieren somit den Streuverlust. Zweitens können wir unseren treuen Kunden im Gegenzug dafür ein für uns kostengünstiges Dankeschönpaket zusammenstellen.
Natürlich muss der Kooperationsbetrieb eine für uns interessante Klientel haben und Qualität bieten. Aber das macht es gerade so interessant, schließlich können wir uns den Partner vorab aussuchen.
Im aktuellen Fall arbeiten wir mit einem Top Restaurant zusammen, in dem wir einen Abend lang mit einem Team vor Ort sind und kleine Dienstleistungen wie etwa ein Handpeeling oder eine Massage anbieten. Dies wird natürlich zuvor beworben und ist in das Angebot des Lokals integriert. Die Kunden werden Tischweise in einen separaten Raum zu uns gebeten. Für uns ist das ein Aufwand von weniger als 5 Minuten pro Person. Wir haben jedoch genügend Zeit, uns in entspannter Atmosphäre vorzustellen bzw. auf unseren weiteren Service und unsere Dienstleistungen aufmerksam zu machen.
Definitiv eine Idee, die auch in Deutschland umsetzbar ist, unabhängig von der geographischen Lage oder den demographischen Gegebenheiten.

16. Woche

Die letzten 10 Tage in Cleveland haben begonnen. Nach einem langen Wochenende – veranlasst durch den Memorial Day, einem der wenigen amerikanischen Feiertage, an dem allen Gefallenen US-Bürgern gedacht wird – heißt es Bilanz ziehen: Die Antwort auf die Frage, was ich auf jeden Fall noch sehen bzw. machen sollte, bevor ich Ohio wieder den Rücken kehre, war, „Cedar Point“ besuchen. Der mit Abstand größte Erlebnispark des Staates wurde bereits 9 Mal in Folge zum besten Vergnügungspark der Welt gewählt.
Das lass ich mir natürlich nicht zweimal sagen, noch schnell ein paar Kolleginnen eingepackt, und auf geht’s. Im Park angekommen, lassen 68 Fahrgeschäfte, 17 Achterbahnen und viele weitere Attraktionen keinen Wunsch unerfüllt.
Am eindrucksvollsten war ohne Zweifel der „Top Thrill Dragster“, eine Achterbahn der Superlative, die nach Fertigstellung 2003 für über 2 Jahre die höchste und schnellste Achterbahn der Welt war. Mit einer Gesamthöhe von knapp 130 Metern ist selbst der Stephansdom in Wien nur unwesentlich größer.

Wir nehmen im ersten Wagen Platz und blicken etwas mulmig die Abschussrampe entlang. Mittels eines Hydroantriebes werden wir in weniger als 4 Sekunden von 0 auf knapp 200 km/h „geschossen“, bevor es senkrecht nach oben zur Spitze der Turmkonstruktion geht. Nach einer kurzen Phase der Schwerelosigkeit wird abermals beschleunigt, während es wieder vertikal, in einer Spiraldrehung, nach unten geht. Ein Nervenkitzel der besonderen Art, Facelifting inklusive.
Zurück in Cleveland, werde ich am nächsten Tag mit einer Abschiedsfeier überrascht. Bei zahlreichen Drinks müssen wir feststellen, dass die Zeit doch viel zu schnell vergangen ist.
Aber ein paar Tage bleiben mir ja noch, bevor es weiter an die Westküste geht.

17. Woche

Heute steht meine letzte Aktivität mit meiner Gastgeber-Firma John Robert’s Spa an. Ein weiteres Wohltätigkeits-Ereignis. Bei „Race for the place“ handelt es sich um einen Wohltätigkeitslauf über 5 km. Dazu haben wir ein eigenes Team, das „JR-Bootcamp“, angemeldet. Mein erstes Rennen nach über 10 Jahren. Meine Zeit blieb unter ½ Stunde. Wenngleich ich damit keinen Blumentopf gewinnen konnte, so habe ich zumindest meinen Chef hinter mir gelassen.
Es ist Dienstagmorgen, mein Geburtstag. Ich bin einmal mehr auf dem Weg zum Flughafen. Heute, um mein eigenes Geburtstagsgeschenk anzutreten. Es geht nach Kalifornien, an die Westküste Amerikas. Mein erstes Flugziel ist Los Angeles.
3 Zeitzonen später lande ich am frühen Nachmittag sicher in der City. In Deutschland ist es schon längst Nacht, beträgt die Zeitverschiebung doch jetzt 9 Stunden.

Es geht sogleich weiter nach Hollywood, meinem Domizil für die ersten Tage. Im Zimmer angekommen, freue ich mich festzustellen, freien Blick auf den Hollywood Boulevard zu haben. Dass heute zudem die Premiere des Kinofilmes “Ocean 13“ ist und ich – von meinem Fenster aus – bestens den roten Teppich übersehen kann, ist ein besonderer Tagesausklang.
Am nächsten Morgen bin ich zu meinem Interview-Partner Robert Cromeans auf ein Photo-Shooting-Set geladen. Dort angekommen, stelle ich zu meiner Überraschung fest, dass es das offizielle Trend-Shooting von Paul Mitchell ist, mit keinem geringerem als Angus Mitchell und seinem Team. Nicht nur, dass sich Robert besonders viel Zeit für mich genommen hat. Im Grunde führte eher er ein Interview mit mir als ich mit ihm. Sogar Angus Mitchell und seine Schwester haben sich etwas Zeit für mich genommen und beantworteten bereitwillig alle meine Fragen. Ich bin begeistert. Alles hier am Set läuft sehr professionell und ich fühle mich einmal mehr glücklich, all dies erleben zu dürfen. Definitiv ein weiteres der inzwischen zahlreichen Highlights auf meiner Amerikareise. Zudem freue ich mich, Robert’s Flagship Salon in San Diego zu besuchen, wohin er mich eingeladen hat.

Heute bin ich zu Gast in „The Studio LA“, der Wella Zentrale. Es ist das größte Studio dieser Art in den Staaten, ein wirklich schönes Studio. Allein schon der pyramidenförmige Eingang ist imposant. Hier treffe ich auch Alexander Herzberg, den Firmenchef von Wella Amerika. Abends, nach einer ausführlichen Führung, lässt er es sich nicht nehmen, mir auch die traditionelle Küche näher zu bringen. Klassisch, in einem amerikanischen Steakhaus, lassen wir den informativen Tag genüsslich ausklingen, und fachsimpeln über Gott und die Welt. Seine freundliche und natürliche Art machen ihn sehr sympathisch. Zu meinem Erstaunen können wir neben der deutschen Muttersprache weitere Gemeinsamkeiten feststellen. Seine Hilfsbereitschaft sprengte jegliche Erwartung. Er unterstützt mich nach Kräften bei meiner Reise, gibt mir zahlreiche Tipps. Darüber bin ich sehr dankbar. Ein äußerst gefälliger Abend, ich bin froh, hier zu sein.

Freitag geht es weiter nach Santa Monica. Der wohl schönste Stadtteil von Los Angeles, direkt am pazifischen Ozean gelegen, ist zugleich auch der Sitz der Vidal Sassoon Academy. In einem persönlichen Gespräch mit Stephen Moody, dem Leiter der Schule, realisiere ich erstmals hautnah, wie viel ein Mensch bewegen kann. Auf seine Frage, warum ich all die Kosten und Mühen dieses Trips auf mich nehme, antworte ich ihm „to make a difference“. Daraufhin erzählt er mir die eindrucksvolle Geschichte eines Mannes, der einst von einer einfachen, aber visionären Frau gebeten wurde, sein Wissen und Können an andere weiterzugeben. Dies begab sich in England, in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Frau war eine tüchtige Friseurin, die keine Kosten und Mühen scheute – nicht einmal die damalige beschwerliche Reise -, um einen Mann zu treffen, der ihrer Meinung nach ein begnadeter Haarkünstler war. Doch ihre persönliche Begeisterung war ihr nicht genug, sie wollte, dass mehr Menschen, so wie sie selbst, von den Techniken und Anschauungen lernen können. Sie wollte „einen Unterschied machen“, so fragte sie diesen Mann, ob er willens sei, sein Können und seine unnachahmliche Art, Wissen zu vermitteln, auch an andere weiterzugeben. Diese Frau war niemand anderes als die Mutter von Stephen Moody. Und ja, man kann es schon ahnen, der Mann war kein geringerer als Vidal Sassoon persönlich. Der Rest ist Geschichte. Wird einem erstmal bewusst, wie stark der Glaube macht – ob an eine Person oder eine Sache – kann einen so schnell nichts aus der Bahn werfen.

Der nächste Tag beginnt vor Sonnenaufgang. Heute steht ein Tagesausflug nach San Diego auf dem Programm. Mit einem Mietwagen geht es los, in die 220 km südlich von Los Angeles gelegene Stadt. Direkt am Pazifischen Ozean, und nur knapp 25 km vor der Grenze von Mexiko gelegen, bildet San Diego die südwestliche Ecke der Vereinigten Staaten. Das beständige Klima ist herrlich und die weiten Sandstrände laden zum Verweilen ein. Doch die Zeit drängt, schließlich habe ich einen Friseurtermin einzuhalten. Ja, heute darf ich mich verwöhnen lassen, ich folge der Einladung von Robert Cromeans. Ich werde schon erwartet, mein Auto wird für mich geparkt und ich betrete die „Kathedrale der Entspannung“. Diese Bezeichnung soll keine Floskel sein. Sie ist auf den Namen des Färbebereiches zurückzuführen. Dieser wird als Color Cathedral bezeichnet. Der Farbbereich schließt an eine Säule an, die ein riesiger gläserner Erker umgibt. Ein prächtiger, tageslichtdurchfluteter Abschnitt ganz ohne Spiegel. Doch vorab geht es erst einmal in das so genannte Washhouse, einen separaten, großen Raum, der ausschließlich zur Haarwäsche, Pflege und Entspannung konzipiert ist. Ein sinnliches Erlebnis der besonderen Art. Insgesamt ein äußerst stimmiges Ambiente und erstklassiger Service. Zudem finde ich hier die „schwebenden“ Föne wieder, die ich erstmals in Miami entdeckt hatte und mit denen jede Station ausgestattet ist. Langsam geht mein Termin leider dem Ende entgegen, so hätte ich es doch noch länger aushalten können.

Bevor ich jedoch die Rückreise nach Los Angeles antrete, lasse ich mir Sea World nicht entgehen. Es ist mein erster Park dieser Art und ich kann zu meiner Überraschung nur sagen: Es war beeindruckend. Ob bei der Delphinshow, den Pinguinen, den Haien oder der Walshow mit Shamu. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass die Darbietungen derart imposant und ergreifend sind. Ich konnte viel über die Tiere des Meeres lernen. Trotz meiner anfänglichen Bedenken hinsichtlich artgerechter Haltung kann ich den Besuch eines solchen Parks durchaus empfehlen. Ein weiterer Tag neigt sich dem Ende zu, abermals gefüllt mit einzigartigen Erlebnissen, die mir unvergesslich bleiben werden.

18. Woche

Sonntagmorgen, einmal mehr heißt es früh aufstehen, einmal mehr finde ich mich am Flughafen wieder. Noch bevor ich richtig wach bin, hebe ich ab. Heute geht es nach Las Vegas. Nur ca. eine Flugstunde später habe ich wieder festen Boden unter den Füßen. Einmal mehr heißt es keine Zeit zu verlieren, schließlich beginnt das Beauty Symposium schon in wenigen Minuten. Dies ist das jährliche Treffen der Intercoiffure Amerikas und Kanadas. Eine elitäre Verbindung, die sich auf harte Aufnahmekriterien stützt, um höchste Qualität sicherzustellen. Wird man nicht von mindestens 2 aktiven Mitgliedern empfohlen, hat zudem sechs oder mehr qualifizierte Friseure/innen angestellt (Stuhlvermietung ist verboten) und erwirtschaftet jährlich über 1 Millionen Dollar an Dienstleistungsumsatz, hat man keine Aussicht, aufgenommen zu werden. Ich selbst fühle mich geehrt, von der Präsidentin, Lois Christie, persönlich zum Symposium geladen worden zu sein – ansonsten wäre ich wohl nicht so schnell in den Genuss dieser Veranstaltung gekommen.

Sämtliche Redner sind hochkarätige Experten auf dem Gebiet der Werbung, Kommunikation oder Weiterbildung. Auch die Vorführungen haben eine Professionalität, die mir imponiert. Als optimistischer Realist bin ich nicht leicht „vom Hocker zu reißen“, aber diese zweitägige Veranstaltung hat mich begeistert. Ich durfte mich im Kreise der Besten bewegen und lernte dabei viele interessante, hochtalentierte Menschen kennen. Hier jetzt einzelne Persönlichkeiten aufzuzählen, würde den Rahmen sprengen, doch möchte ich zumindest die Gründerin von Redken erwähnen, Frau Paula Kent Meehan. Sie bekam den „Visionary of the year“ Award verliehen, und ich nutzte die Gunst der Stunde, um mich bei Frau Kent persönlich vorzustellen. Daraufhin hatten wir eine angenehme Unterhaltung. Ich werde sie als eine sehr charmante, charismatische Frau in Erinnerung behalten.

Wenn schon einmal in Las Vegas, darf ein Ausflug an den Grand Canyon natürlich nicht fehlen. Als wenn es nicht schon heiß genug wäre, geht es hier noch tiefer in die Wüste. Die Busfahrt führt unsere Reisegruppe zunächst zum Hoover Staudamm. Dieser ist nicht nur die Grenze zwischen den US-amerikanischen Bundesstaaten Nevada und Arizona, im Black Canyon des Colorado, sondern zugleich eine Zeitzonengrenze. Der Damm hat eine Höhe von 221 Metern und eine Länge von 379 Metern. Der Stausee, Lake Mead, ist mit einer Wasserfläche von knapp 700 Quadratkilometern einer der größten Stauseen der Erde. Ein paar Bilder später setzen wir unsere Reise fort, immer tiefer in die Wüste, dem Abgrund entgegen. Am Grand Canyon angekommen, ist die Aussicht unbeschreiblich. Auch noch so viele Bilder können diesen Ausblick nicht wiedergeben; und auch kein Bericht kann den Anblick detailgetreu beschreiben. Nur so viel am Rande: Der Grand Canyon erstreckt sich über ein Länge von 466 km und der umgebende National Park weißt eine Größe von fast 5.000 km2 auf. Manches muss man einfach selbst erlebt haben, und das traumhafte Wetter hat den Anblick mit Sicherheit noch verschönert. Der Aufenthalt ist leider kurz. Ich muss früher als gewollt den Rückweg zum Bus antreten. Die Rückfahrt verläuft ohne Zwischenfälle. Zurück in Las Vegas, freue ich mich über die klimatisierten Räumlichkeiten.
Ich bleibe noch einen weiteren Tag in der Spieler-Metropole. Ich kann mich glücklich schätzen, plus minus Null aus dem Casino gekommen zu sein. Allerdings ist es schon erschreckend, wie viel Geld bis hin zur ganzen Existenz man hier in Minuten verspielen kann.

Zurück in Los Angeles, beziehe ich wieder mein Domizil am Santa Monica Beach. Der Wehmut hält ein wenig Einzug, denn mir wird bewusst, dass der heutige Freitag zugleich auch der letzte in den USA sein wird. Doch tröstet mich mein interessantes Restprogramm sowie die Vorfreude auf meine Heimat darüber hinweg.
Die Besonderheit des nächsten Tages ist gar nicht mal die Tatsache, dass ich nach San Francisco reise, sondern wie, bzw. der Weg dorthin. Ganz nach dem Sprichwort „der Weg ist das Ziel (doch erst das Ziel bestimmt den Weg)“, miete ich mir abermals ein Auto, um die Küste hinauf zu fahren. Ich wähle den Highway Nr. 1, er führt direkt am Pazifik entlang. Die atemberaubend schöne Küstenlandschaft zwingt mich immer wieder zu kurzen Stopps; auch, wenn ich gegen die anhaltende Müdigkeit zu kämpfen habe, diese außergewöhnlich schöne Kulisse ist es wert. Gute 750 km später erreiche ich glücklich, aber erschöpft San Francisco. Meine Unterkunft ist schnell ausgemacht, wie auch bald das Licht in meinem Zimmer.

19. Woche

Die letzte Kalenderwoche ist angebrochen. Ich kann es kaum glauben, doch untrüglich, ich bin in San Francisco. Nichts wie raus aus den Federn, schließlich gibt es viel zu erkunden. Als erstes geht es auf zur San Francisco Bay, um von dort aus mit dem Schiff nach Alcatraz überzusetzen. Eine aufschlussreiche, kurzweilige Führung weiter, genieße ich bei sonnigem Wetter und wolkenlosem Himmel den herrlichen Ausblick auf die Stadt sowie die Golden Gate Bridge. Diese ist mein nächstes Ziel.

Wenige Stunden später schlendere ich bereits über das einzigartige Wahrzeichen der Stadt. Verdeckt meist Nebel einen Teil der Brücke, so zeigt sich die Golden Gate Bridge heute in ihrer ganzen 2.737 Meter langen Pracht.

Als nächstes steht eine Fahrt in einem der „Cable Cars“ an. Diese Drahtseil-Straßenbahnen „nehmen jede Steigung mit links“ und bringen mich zudem zur Lombard Street, der kurvenreichsten Straße der Welt. Eine weitere Sehenswürdigkeit ist Chinatown. Mit Chinatown stellt San Francisco eine der größten chinesischen Gemeinden außerhalb Asiens dar. Damit will ich die Aufzählung der Sehenswürdigkeiten belassen, selbst wenn ich die Liste beliebig fortsetzen könnte.
Die letzten zwei Tage verbringe ich beruflich. Mit dem Wella Studio in San Francisco habe ich auch die letzten, amerikanischen Wella-Schulungsräume gesehen.

Außerdem treffe ich ein paar der Top-Friseure von dem Symposium in Las Vegas wieder. Die Besten lassen mich einen Blick hinter ihre Kulissen werfen. Ich sammle so viele Informationen wie möglich. Jetzt heißt es Abschied nehmen, zumindest von der Westküste Amerikas, es geht zurück nach Cleveland.
Zurück in Ohio, bleibt mir eine letzte Nacht, ehe ich meine Rückreise nach Deutschland antrete. Ich nütze die letzte Gelegenheit, noch einmal all den lieb gewonnen Menschen „goodbye“ zu sagen. Ein letztes Mal fahre ich ins Büro, um mich von meinen herzlichen Gastgebern und Mentoren Stacy und John Di Julius zu verabschieden. Ein letztes Mal bedanke ich mich für die wundervolle, unvergessliche Zusammenarbeit.
So traurig der Abschied auch ist, so voller Vorfreude, der Zukunft entgegenfiebernd, bin ich bereit für die Heimreise. Es gibt unendlich viel Arbeit zu erledigen. In wenigen Wochen werde ich schließlich mein eigenes Geschäft eröffnen/übernehmen. Die Zukunft beginnt jetzt und ich freue mich darauf.
Mein Flug wird aufgerufen, ich gehe die Gangway hinab, werfe einen letzten Blick zurück, dann steige ich ein, ins Flugzeug in Richtung Heimat. Eine halbe Stunde später heben wir ab, goodbye Amerika.
Es ist Freitagvormittag, als meine Maschine in München landet. Ich werde bereits erwartet, auf geht’s nach Hause. Eine Stunde später bin ich in Schongau, das Essen steht bereits auf dem Tisch, ja so fühlt sich zu Hause an. Ich bin angekommen.

Resümee

Meine Reise hat mich an 2 (Atlantischer und Pazifischer Ozean) der 3 Ozeane geführt, brachte mich nach Kanada und in über 10 Städte in 7 der 50 Staaten von US-Amerika. Ob im Norden, Osten, Süden oder Westen, ich reiste in allen Himmelsrichtungen bis an die Grenzen der USA.

Insgesamt legte ich auf meinem Trip rund 40.000 km zurück, das entspricht der Strecke einer kompletten Erdumrundung (so gesehen habe ich auch entfernungstechnisch meinen Ausgangspunkt wieder erreicht).
Ich durfte die Crème de la Crème der Friseurbranche treffen, mit ihnen arbeiten und neue Freundschaften schließen. Ich habe so viel gesehen, gelehrt und gelernt, genoss unvergessliche Augenblicke, und lernte dabei, zahlreiche Hindernisse zu überwinden.
All den zwischenzeitlich auftretenden Schwierigkeiten zum Trotz – ob Geldknappheiten oder sonstiger Widrigkeiten – auf die ich in meinem Wochen-(Tage-)Buch gar nicht weiter eingegangen bin. Es war definitiv die Reise wert. All die Erfahrungen auf kultureller, ideeller wie auch zwischenmenschlicher Ebene sind einzigartig und unbezahlbar.
Ich kann nur sagen: Komme was will, ich bin bereit „to make a difference“.